Wie viel Strom ist genug Strom auf einer Segelyacht?
Aktualisiert: 22. Sept.
Eine aktuelle Kundenanfrage hatte zum Inhalt, dass der Kunde auf einer Bavaria Cruiser 41 der Ansicht war, mit 400 Wp auf einem Geräteträger das Auslangen zu finden, wobei er angab, täglich durchschnittlich 3,2 kWh Strom zu verbrauchen und bereits eine Lithium-Akkukapazität von 3,6 kWh zu nutzen. Das Schiff sollte in der Ostsee liegen und später evt. einmal im Mittelmeer. Er war sich allerdings in seiner Überzeugung nicht sicher und ersuchte uns um eine Stellungnahme.

Unsere Antwort dazu lautete:
"Betreffend die benötigte Kapazität hängt eine Entscheidung natürlich vom Verbrauch ab.
Auch wenn Sie derzeit vielleicht nur die üblichen minimalistischen Verbraucher (Autopilot, Kühlschrank, Beleuchtung, Anker etc.) verwenden sollten, wird der Verbrauch mit Sicherheit laufend steigen, weil irgendwann Notebooks, Mobiltelefone, Drohnen u.a. geladen werden wollen und Geschirrspüler, Induktionsherd, Wassermacher usw. sicher auch ihren Sinn haben. Darüber hinaus können Sie in der Ostsee (im Gegensatz zum Mittelmeer) einer bewährten Daumenregel zufolge nicht mit der Peak-Leistung der Paneele x 5 an täglicher Ausbeute rechnen, sondern eher mit "x 3“, bestenfalls "x 4". Hinzu kommt, dass gerade in nördlichen Revieren wie der Ostsee nicht (ganz)täglich mit Sonne zu rechnen ist.
Mit 400 Wp können Sie also mit maximal 1,5 kWh pro Tag rechnen. Ihre Batterien speichern 3,6 kWh. Somit brauchen Sie knapp 2,5 Sonnentage in der Ostsee um von 0 auf 100 % zu kommen. Gleichzeitig verbrauchen Sie aber täglich (lt. Ihrer Angabe) 3,2 kWh. Somit können Sie mit 400 Wp niemals Ihr Ziel erreichen, selbst bei Dauersonnenschein.
Die Gegenrechnung mit 2 kWp des Solar-Bimini ist wesentlich überzeugender. Damit schaffen Sie in der Ostsee zumindest 6 kWh Ladeleistung pro Sonnentag, von der die Hälfte für den täglichen Verbrauch draufgeht und die andere Hälfte zum Aufladen der Batterien von 0 auf 100 % binnen eines Tages verwendet wird. Und auch an Tagen mit nur 2 h Sonne kommen Sie damit gut über die Runden."
Dazu unser Kommentar
Es ist immer wieder überraschend, wie gering verbreitet das nötige Wissen über Stromverbrauch und -erzeugung selbst unter technisch versierten Seglern ist. Es kommt so gut wie nie vor, dass der Strombedarf über- und die -produktion unterschätzt wird. Bestenfalls werden die Peak-Leistungen von Strompaneelen als Minimalausbeute erwartet. Tatsächlich sind sie jedoch ein Maximalwert unter idealen Bedingungen.
Im Ergebnis leidet entweder der Komfort an Bord in einem unnötigen Ausmaß (Stichwort "Kühlschrankabschaltung") oder die Sicherheit, weil vielleicht in der Nacht nicht einmal mehr der Batterie-Reststrom für die Beleuchtung ausreicht.